Dienstag, 19. Juni 2012

Review: Long Distance Calling - Satellite Bay

Die deutsche Post-Rock-Band Long Distance Calling war bereits vor der Bandgründung im Jahr 2006 musikalisch tätig und das merkt man ihnen auch an. "Satellite Bay" ist das Debüt-Werk eines musikalisch sehr ausschweifenden Kurses, welcher bereits beim ersten Höhenflug enorme Freude hervorbringt. Dabei versucht er sich zugleich im Gehörgang einzunisten. Der Seelenauftrag dieses Albums ist endlich mal wieder einige Genre-Hebel umzulegen.

So folgte auf die von mehreren Zeitschriften ausgezeichnete Demo mit dem Namen "DMNSTRTN" eben jenes Debütalbum. Bezeichnend dafür ist auch gleich der erste Titel namens "Jungfernflug", indem eindrucksvoll bewiesen wird, was Musik auch ohne Gesang schaffen kann. Denn tatsächlich kommen die Jungs nahezu vollständig ohne Vocals durch den musikalischen Kaninchenbau geflogen. Einzig das spätere "Built Without Hands" bringt einen klassischen Gesangspart mit sich, der allerdings von Gastsänger Peter Dolving von The Haunted beigetragen wird.

Einen Abbruch bringt dies jedoch nicht, im Gegenteil. Dieser Titel lockert auf und bringt eine weitreichende Dynamik ins Spiel. Doch zuvor bekommt es der Hörer mit einigen sehr verträumten und zugleich aufwühlenden Songs zu tun. Titel wie "Fire In The Mountain" und "Aurora" bringen einen exzessiven Songaufbau mit sich. Trotz aller Verspieltheit und einigen unerwarteten Twists ist die Aufstellung dabei klar strukturiert. Wohlige Gitarren- und Bass-Klänge stehen dem rhythmischen Schlagzeug in einem harmonierenden Anteil gegenüber. Dazwischen und rundherum gesellen sich sphärische Kläng aus dem Synthesizer. Doch so gesellig das klingen mag, so griffig sind manche der Gitarren-Bretter. Wenn ein Track wie "Aurora" oder das abschließende "Swallow The Water" losbricht, sind die brüchigen Dämme kaum noch zu halten. Vor der Bühne sorgt dies definitiv für ordentlich Bewegung.


"Horizon" zündet darauf eine kleine Indie-Rakete ins All. Der kürzeste Titel wird bis kurz vor Schluss in einem äußerst schnellen Takt gespielt. Danach ist mit "The Very Last Day" das genaue Gegenteil zu hören. Dort ist die Zerstörung der hiesigen Erde ist nicht mehr aufzuhalten, ähnlich apokalyptisch bereiten einen die eingespielten Sprach-Samples und vor allem die Songstruktur darauf vor. Die Klangfarben sind grau, die Aussichten düster. Mit Musik Geschichten erzählen? Das können Long Distance Calling nur zu gut. Noch etwas roh gelangen einige Songstrukturen an das Gehör, doch ist es genau diese rohe Gewalt, die den Hörer auf weiter Strecke überwältigt. Bestes Beispiel dafür bleibt der zuvor erwähnte Track "Fire In The Mountain".

Die Kunst der Platte ist es, Musik zum Träumen und zum Entspannen, aber auch gleichermaßen zum Aufdrehen entstehen zu lassen. Die mitunter sehr aufwühlenden Song-Arrangements und die ständigen Spannungsbögen, die irgendwann im Verlauf der Songs platzen, zeigen die große Stärke von "Satellite Bay". Einzig die etwas rohe Produktion und der fehlende Gesang lassen die Platte vor allem zu Beginn ein wenig abwechslungslos klingen - doch wer sich auf Long Distance Calling einlässt, weiß sie früher oder später als Instrumental-Band zu schätzen. Potential nach oben hat die Band zu diesem Zeitpunkt allerdings noch massig.

Euer Fibo

Wertung

Tracklist von "Satellite Bay"

01. Jungfernflug (10:36) 
02. Fire In The Mountain (7:28) 
03. Aurora (8:53) 
04. Horizon (5:54) 
05. The Very Last Day (10:23) 
06. Built Without Hands (8:13) 
07. Swallow The Water (7:26)

Weitere Infos

Release: 05.10.2007 
Spielzeit: 58:43 
David Jordan (Gitarre)
Florian Füntmann (Gitarre)
Jan Hoffmann (Bass)
Janosch Rathmer (Schlagzeug)
Reimut van Bonn (Electronica)

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